Extreme Ausdauerleistung bringt Ralf Ortwin Ernst zur WM

15.11.2022

Kandel

 

Wer wie Ralf Ortwin Ernst (LSV Niesky) eine enorme physische und psychische Leistungsfähigkeit besitzt, kann sich auch noch als über 60-jähriger Senior für ein Männer-National-Team qualifizieren. Der 64-jährige Bauingenieur vertrat Deutschland in Kandel (Rheinland/Pfalz) bei der Team-WM im Backyard Ultra, wofür sich pro Team 15 „Marathonis“ qualifizieren konnten. Backyard Ultra ist eine extreme Form des Langstreckenlaufes, wo nicht der „Schnellste“ gewinnt, sondern der Läufer welcher am längsten durchhält. Ralf Ortwin Ernst erklärt: „Zu jeder vollen Stunde wird eine neue Runde von exakt 6 706m gestartet. Nach jeder Runde hat man kurz Zeit für Erholung, Verpflegung, WC oder Massage. Pünktlich nach Ablauf der Stunde muss man auf die Sekunde in der Startbox stehen, sonst ist man raus. Das geht solange bis nur noch ein Läufer übrig bleibt, der aber noch eine volle Runde mehr absolvieren muss “. Vorweg und unterwegs wissen die Aktiven also nicht, wie viele Runden gelaufen werden. Schnelle Läufer können ihre Stärken nicht ausspielen, weil nach jeder Runde alles neu beginnt. Das Rennen ist praktisch unendlich und fordert neben läuferischem Vermögen vor allem mentale Stärken.

In Oderwitz bei Zittau hatte sich Ralf Ortwin Ernst für die Team-WM 2022 und die Deutsche Einzelmeisterschaft 2023 qualifiziert. Er schaffte in Oderwitz 30 Runden oder besser 30 Stunden, lief also 201,18 km mit nur wenigen Minuten Pausen zwischendurch. Hinter dem lettischen Top-Favoriten Ritvars Kalnins (42 Runden/281,65 km/Jahrgang 1974) und dem Augsburger Marco Möhler (41 Runden/274,95 km/Jahrgang 1987) belegte er den sensationellen 3. Platz in der Gesamtwertung.

Bei der Team-WM wollte er diese Leistung überbieten. Aber es kam anders. Die Vorbereitung lief alles andere als optimal, da Ralf wegen einer Corona Infektion auf die Generalprobe, die 100km-Landesmeisterschaften in Leipzig, verzichten musste. „Ich hatte mich zu sehr unter Druck gesetzt, wollte alles richtig machen für das Team. Ich kam nicht richtig in meinen Rhythmus. Obwohl ich mich noch gut fühlte, war nach 25 Runden Schluss. Ich hatte mentale Probleme, der Körper hätte noch gekonnt, aber der Kopf nicht mehr“, sagte der übermüdete Nieskyer. Dennoch mit seinen 167,64 km war Ralf Ortwin Ernst unter den 15 Deutschen sogar der Elfte und das als „Ältester“ des Teams und der WM. Das deutsche Team platzierte sich mit Platz 14 und 484 Runden im Mittelfeld. Team-Weltmeister wurde die USA (860) vor Belgien (788) und Australien (744). Es gab in Kandel zwar einen neuen Weltrekord aber keinen Einzelsieger, weil zwei Belgier nach 102 Runden „aufgaben“. Nach 102 Stunden ohne Schlaf und fast unterbrochenem Laufen legte jeder der beiden neuen Weltrekordler unglaubliche 684,012 km zurück. Der Nieskyer bereitet sich jetzt auf die Deutschen Einzelmeisterschaften 2023 in Braunschweig vor, wo er endlich auch in seiner Altersklasse M60 gewertet wird.  

 

Bericht: Frank Tillig

 

Bild zur Meldung: Ralf Ortwin Ernst bei der Team-WM in Kandel